
MU-Ringvorlesung: Cover-Fotografinnen unterrepräsentiert
Die Fotos auf den Titelblättern deutscher Zeitschriften stammten auch im vergangenen Jahr in den meisten Fällen von Männern. Dieses Ergebnis der sogenannten Cover-Auszählung hat Juliane Herrmann im Rahmen der MU-Ringvorlesung vorgestellt.
In der deutschen Medienlandschaft seien Fotografinnen und Illustratorinnen als Urheberinnen von Magazin-Covern 2024 noch immer unterrepräsentiert. Das habe die jüngste Erhebung von Female Photoclub, Freelens und DJV Nord ergeben, berichtete Juliane Herrmann. Die Fotografin und Künstlerin gehört zu einem kleinen Team von Initiator:innen, die seit 2019 drei nicht repräsentative Erhebungen mit allen Titelblättern ausgewählter Zeitschriften durchgeführt haben. Für das vergangene Jahr wurden 77 Magazine mit mehr als tausend Titeln untersucht. Dabei habe der Anteil der von Fotografinnen und Illustratorinnen gestalteten Zeitschriften-Cover im vergangenen Jahr bei nur 22 Prozent gelegen, erklärte Juliane Herrmann. Von männlichen Fotografen stammten 43 Prozent der ausgewerteten Fotos, und in 34 Prozent der Fälle ließen sich keine genauen Urheber:innen-Angaben ermitteln. Zwei Prozent der Stichprobe entfielen auf gemischte Teams.

Frauen-Anteil leicht gestiegen
Im Vergleich zu den Stichproben für die Jahre 2019 und 2022 ist der Anteil der von Frauen gemachten Fotos auf den Titelseiten 2024 etwas gestiegen. Zwar lassen sich die Stichproben der einzelnen Jahre aufgrund unterschiedlicher Titelauswahl und der großen Fluktuation auf dem Zeitschriftenmarkt nur bedingt vergleichen, doch zählten 18 der für das vergangene Jahr ausgewählten 77 Magazine auch in den Vorjahren zum ausgewerteten Sample. Für diese Titel stieg der Anteil von Fotograf:innen unter den Urheber:innen von 20 Prozent (2019) über 32 Prozent (2022) auf zuletzt 34 Prozent (2024). Ähnliche Anteile ließen sich auch beim Anteil der Frauen unter den versicherten Fotograf:innen bei der Künstlersozialkasse (KSK) oder den Mitgliedern bei Freelens, dem Berufsverband für Fotojournalist:innen und Fotograf:innen, feststellen, erläuterte Juliane Herrmann.
Während im Bereich der untersuchten Special-Interest-Zeitschriften 2024 das Geschlechterverhältnis ausgeglichen war, scheinen die Titelseiten der Magazine zum Beispiel in den Segmenten Fotografie oder Unternehmenskommunikation (Corporate) eine Männerdomäne. „Special-Interest-Redaktionen produzieren ihre Cover meist selbst“, erklärte Juliane Herrmann. Die Fotokünstlerin und Kuratorin ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) und im Vorstand des Female Photoclub e.V. Auf die Frage, wer über die Auftragsvergabe entscheide, lautete die Einschätzung der Kölner Fotografin wie folgt: Zwar würden in den Bild-Redaktionen mehr Frauen als Männer arbeiten, aber in den Entscheidungsgremien der Redaktionen gäben meist Männer den Ton an. Problematisch sei auch, dass die fotografische oder filmische Darstellung von Frauen häufig durch „männliche Blickwinkel“ geprägt sei („Male Gaze“).
Generell, so kritisierte Juliane Herrmann, prägten auch bei der journalistischen Fotografie noch immer sehr viele Gender-Stereotype die Bilderwelt: „Ich würde mir mehr Mut zur Diversität wünschen“, lautete der Wunsch der Referentin.
Diversität und Authentizität
Diversität scheint hinsichtlich der Urheber:innen von Fotografien auf der Frontseite zahlreicher Zeitschriften wenig ausgeprägt. Zu den Titeln, bei denen Fotografinnen 2024 bei der Cover-Gestaltung nur eine äußerst geringe Rolle spielten, gehören etwa People-Magazine wie Bunte oder Gala, aber auch journalistisch qualitativ hochwertige Zeitschriften wie Der Spiegel, Focus, stern oder Capital. Einerseits wählten zwar die Redaktionen der Frauenzeitschriften Für Sie oder freundin überwiegend Fotografinnen für die Illustration ihrer Titelseiten. Andererseits lieferten bei anderen Frauenzeitschriften wie Elle oder Madame ausschließlich Männer die Cover-Fotos.
Bei 16 von 1.065 Cover-Motiven sei Künstliche Intelligenz (KI) als Quelle angegeben worden, sagte Juliane Herrmann. Weil KI-Programme immer besser würden, komme es darauf an, dass damit transparent umgegangen werde. Das fordere auch der Deutsche Fotorat. Die meisten Presseagenturen würden nur Bilder akzeptieren, die durch KI weder bearbeitet noch erstellt worden seien. MU-Professorin Nora Bibel machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass Fotograf:innen vor allem auf Authentizität achten sollten. Während Echtheit im Sinne von Ursprünglichkeit bei Fotos bis vor fünf Jahren kaum eine Rolle gespielt habe, werde Authentizität nun wieder zu einem zentralen Thema.
Ausführliches Interformationsmaterial zur Studie steht über folgenden Link zum Download zur Verfügung:
https://www.picdrop.com/femalephotoclub/S8YYadqJPF
