Compliance am Beispiel der Axel Springer SE

3. Juli 2025

Medien sind Vertrauensgüter. Umso wichtiger ist es, dass sich deren Anbieter verantwortungsbewusst verhalten. Welche Herausforderungen mit der Einhaltung von Recht und Moral verbunden sind, berichtete im Rahmen der MU-Ringvorlesung Florian von Götz, Chief Compliance Officer der Axel Springer SE. Medien sind Vertrauensgüter. Umso wichtiger ist es, dass sich deren Anbieter verantwortungsbewusst verhalten. Welche Herausforderungen mit der Einhaltung von Recht und Moral verbunden sind, berichtete im Rahmen der MU-Ringvorlesung Florian von Götz, Chief Compliance Officer der Axel Springer SE.

Unter dem Begriff Compliance wird die Gesamtheit aller betrieblichen Maßnahmen verstanden, die ein regelkonformes Verhalten aller Unternehmensangehörigen gewährleisten soll. „Wir verlangen von anderen die Einhaltung hoher ethischer Standards. Umso mehr müssen wir auch an unser eigenes Handeln hohe Maßstäbe anlegen“, betonte Florian von Götz. Aus diesem Grund sei die Axel Springer SE, zu der außer der Medienmarke Bild auch Angebote wie Welt, Politico oder Business Insider gehören, nur in Ländern tätig, in denen die Pressefreiheit durch rechtsstaatliche und demokratische Systeme gesichert ist. Der Axel-Springer-Manager erläuterte, es gehe darum, innerhalb von Unternehmen Regeln aufzustellen, diese zu vermitteln und das Bewusstsein aller Mitarbeitenden für moralische und rechtliche Normen zu fördern. Ziel der Compliance-Organisation im Medienhaus Axel Springer sei es, die Reputation des Unternehmens zu schützen, indem der moralische und rechtliche Rahmen präventiv allen Mitarbeitenden vermittelt werde. Um mögliche Regelverstöße in den Griff zu bekommen, liege auch deren Aufdeckung samt Reaktionen im Aufgabenbereich des Compliance Managements.

Journalistische Unabhängigkeit unverzichtbar

Florian von Götz berichtete von verlagseigenen Leit- und Richtlinien, von Schulungen und Trainings, von einem Compliance Helpdesk, von Kontrollen und von einem Hinweisgebersystem, mit dessen Hilfe potenzielle Verstöße auch anonym gemeldet werden könnten. Wenn sich alle an die Regeln halten sollten, sei „Tone from the Top“ besonders wichtig, also eine Haltung von Vorstand oder Geschäftsführung, welche die Verbindlichkeit der Regeln unterstreiche. Für die Compliance des Medienunternehmens Axel Springer spielten etwa Leitlinien für journalistische Unabhängigkeit eine besonders große Rolle. Dazu gehöre die Trennung von Werbung und journalistischen Inhalten sowie eine Regelung, die eine Verquickung privater und geschäftlicher Interessen ebenso untersage wie die Annahme von Vorteilen. Außerdem sei ein verantwortungsbewusster Umgang mit Quellen im Sinne von Transparenz und Informantenschutz wichtig. „Wir schließen anonyme Quellen nicht grundsätzlich aus“, sagte Florian von Götz. In diesem Zusammenhang aber sei eine besonders kritische Prüfung geboten.

Als ein Feld, das hohe Ansprüche an das Compliance Management stelle, nannte Florian von Götz die Beschäftigung von freien Mitarbeitenden. Dabei könne es sich rasch um Scheinselbständigkeit handeln, wenn man etwa freie Journalist:innen zu sehr in die Betriebsorganisation eingliedere. In solchen Fällen drohe die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen oder das Einklagen von Arbeitsplätzen durch freie Mitarbeitende. Als HR-Compliance wird der Prozess bezeichnet, mit dem gewährleistet werden soll, dass Arbeitsprozesse im Bereich des Personalwesens geltenden Gesetzen und Richtlinien entsprechen. Problematisch seien in diesem Zusammenhang beispielsweise Fälle von Diskriminierung, Machtmissbrauch, Mobbing oder sexueller Belästigung, machte Axel Springers Compliance-Manager deutlich.

Bild-Redaktion lebt vom „Zuspitzen“

Um Compliance-Risiken zu bewerten, müssten immer „Eintrittswahrscheinlichkeit“ und „Gefahrenpotenzial“ berücksichtigt werden, gab Florian von Götz einen Einblick in seine tägliche Arbeit und nannte Beispiele. Fälle wie der des im Oktober 2021 von seinen Aufgaben entbundenen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, der Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt haben soll, seien klare Compliance-Verstöße. Hinsichtlich journalistischer Qualität seien etwa Ende vergangenen Jahres falsche Berichte über eine Berliner Polizeibeamtin eine „krasse journalistische Fehlleistung“ gewesen, formulierte Florian von Götz. Deshalb habe es anschließend auch eine Richtigstellung und Entschuldigung gegeben. In weniger schlimmen Fällen empfehle sich ein „abgestuftes Verfahren“. Eine Boulevard-Zeitung wie Bild lebe vom „Zuspitzen“. Rechtsbruch sei aber auf keinen Fall „Teil des Geschäftsmodells“. Von den 35 Rügen, die der Deutsche Presserat im vergangenen Jahr ausgesprochen hat, seien einige „berechtigt“, sagte Florian von Götz. Bei manchen der kritisierten Artikel aber komme er als Compliance-Manager zu einer anderen Beurteilung.