Jan Hofer zu Gast beim Media University-Medientalk

Jan Hofer ist für viele der Inbegriff der deutschen TV-Nachrichten. Am 20. Januar diskutierte er mehr als zwei Stunden lang via Zoom mit Studierenden der Media University. Er berichtete über 35 Jahre als Moderator der Tagesschau und über das neue, von ihm moderierte Format RTL Direkt. Außerdem gab er Einschätzungen zu aktuellen Medienentwicklungen und zur Zukunft von TV-News.

Begonnen habe alles mit einem Studierenden-Job – dreimal pro Woche – im Nachrichtenticker-Raum, erinnerte sich Jan Hofer, als er auf seine Karriere zurückblickte. Nach dem BWL-Studium habe er dann in Köln sein Volontariat bei der Deutschen Welle, dem Deutschlandfunk und dem WDR absolviert.

Und sein Karrierestart als Moderator vor dem Mikrofon? Der habe sich ganz plötzlich ergeben, als ein Hörfunk-Kollege beim Regionalmagazin des Saarländischen Rundfunks ausgefallen sei. „Ich habe gezittert“, gab Jan Hofer die Anspannung zu. 1985 folgte der Wechsel zur Tagesschau, deren Chefsprecher er 2004 wurde. Nach seinem Ausscheiden im Dezember 2020 habe er sich einfach zu jung gefühlt, um aufzuhören. Im Juni des vergangenen Jahres begannen schließlich die Vorbereitungen für das neue Nachrichtenformat RTL Direkt, das er seit Mitte August 2021 im Wechsel mit Pinar Atalay moderiert.

In der neuen Funktion trage er auch journalistische Verantwortung, sagte Jan Hofer. Die Herausforderung bestehe darin, Themen leicht verständlich zu präsentieren. Beim kommerziellen Unternehmen RTL gelte die vom ehemaligen Geschäftsführer Helmut Thoma ausgegebene Devise, der Köder müsse dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Es gehe natürlich auch darum, hohe Marktanteile zu erreichen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten gelinge dies inzwischen immer häufiger. Jan Hofer berichtete von der Vorgabe, zweistellige Marktanteile zu erzielen, von bis zu 4,8 Millionen Zuschauer:innen und davon, die ARD-Tagesthemen an vielen Tagen bereits „überholt“ zu haben.

Blick auf die Medienzukunft

Auf Fragen, wie er die aktuelle Medienentwicklung einschätze, reagierte Jan Hofer mit großem Optimismus, aber auch mit einigen skeptischen Perspektiven. Zwar verliere das lineare Fernsehen an Reichweite und Bedeutung. Dennoch bleibe das TV-Handwerk weiterhin gefragt. Schließlich würden die meisten Streaming-Inhalte längst genauso produziert wie klassisches Fernsehen. Wer ein breites Publikum erreichen wolle, dürfe auch moderne Plattformen wie TikTok nicht scheuen und müsse die Sprache der jungen Leute sprechen, sagte Jan Hofer, der für die Tagesschau schon 2019 bei TikTok zu sehen war. Influencer hingegen machten ihm „ein bisschen Sorgen“. Grund dafür sei die starke Kommerzialisierung der Branche, die dazu führe, dass Unternehmen in ihren Briefings strikte Vorgaben machten. Kritik übte Jan Hofer außerdem daran, dass Nachwuchstalente in vielen Unternehmen nur Zeit- oder freie Verträge erhalten, gering bezahlt und deshalb oft auch „ausgenutzt“ würden. Karrierewege wie sein eigener seien heute kaum noch möglich. Außer einem Volontariat benötigten Berufseinsteiger:innen auch gezielte Förderung.


Das Geschäft mit den Nachrichten werde sich im Kern nicht verändern, prognostizierte Jan Hofer, der einer Media University-Einladung von Prof. Dr. Friederike Bing (Fachbereich Wirtschaft) und Prof. Dr. Matthias Kurp (Fachbereich Journalismus und Kommunikation) gefolgt war. Die Themen des Tages und ihre Hintergründe blieben im Mittelpunkt. Eine gute Nachrichtensendung müsse eine Einschätzung zu aktuellen Ereignissen ermöglichen. Zurzeit sei es jedoch jenseits von Corona-Nachrichten schwierig, Themen zu finden, die Relevanz für alle Menschen in Deutschland hätten. Einen Beitrag über drohende Wasserknappheit, solange beim Aufdrehen des Wasserhahns weiterhin das Wasser sprudle? „Wem wollen Sie das verkaufen?“, fragte Jan Hofer.

Als wichtigen Faktor für die erfolgreiche Präsentation von Nachrichten nannte der Mann, der mehr als drei Jahrzehnte lang das „Gesicht“ der Tageschau war, die Personality. Die Ansprache des Publikums habe sich außerdem – auch aufgrund von Ergebnissen der Zuschauerforschung – insofern verändert, dass „narrativer“ berichtet werde. Positiv sei, dass es mehr Recherchemöglichkeiten als je zuvor gebe, um Dinge aufzudecken. So könne heute fast nichts mehr verborgen bleiben.

Umgang mit Hass und Kritik

Jan Hofer erläuterte auch seinen Umgang mit Emotionen im oft harten Nachrichtengeschäft. Wenn es um schreckliche Ereignisse gehe, sei ihm eine möglichst emotionslose Präsentation nur möglich, weil er die Bilder, die dem Publikum gezeigt würden, ja bereits zuvor gesehen und für sich verarbeitet habe. Das erleichtere Abstand, sei aber bei Live-Berichterstattung wie der über die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA oder den Tsunami-Katastrophen kaum möglich gewesen. Auf die Frage von Studierenden, wie er mit öffentlichen Anfeindungen, Drohungen oder gar Hate Speech im Internet umgehe, antwortete Jan Hofer: „Das lese ich meist gar nicht.“ Er habe die Erfahrung gemacht, dass Anhänger:innen von Verschwörungserzählungen meist gar nicht an Fakten und anderen Meinungen interessiert seien. Deshalb lohne sich eine Auseinandersetzung mit ihnen kaum.

„Ich kann nur Medien.“

Als Studierende am Ende wissen wollten, was er ihnen für eine erfolgreiche Medien-Karriere rate, gab Jan Hofer folgende Empfehlung: „Seien Sie überzeugt von dem, was Sie tun.“ Schließlich lasse sich nur das erfolgreich „verkaufen“, von dem man vollends überzeugt sei. Außerdem dürften Journalist:innen keine Berührungsängste mit Menschen haben. Wer vor Kamera und Mikrofon agiere, müsse außerdem auch „ein bisschen Exhibitionist“ sein. In seinem Fall sei der Beruf immer auch ein Hobby gewesen: „Ich kann nichts anderes. Ich kann nur Medien.“


► Veranstaltungshinweis: In der dritten Folge der Kölner Media University-Ringvorlesung wird Karsten Jentsch (RTL AdAlliance) am Mittwoch, 26. Januar, ab 17.30 Uhr über den aktuellen Transformationsprozess bei der RTL Group referieren. Die Veranstaltung findet ebenfalls via Zoom statt. → Zur Termininfo