Bitte erzählen Sie uns mehr über Ihre Masterarbeit: Was war Ihr Thema und wie sind Sie darauf gestoßen?
Das Thema meiner Masterarbeit wurzelt zum Teil in meinen Erfahrungen in der Schule. Was ich erst viel später erkannte, war kein Zufall und schon gar kein Einzelfall.
Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht, für das Frauen kämpfen mussten (und in einigen Ländern immer noch kämpfen). Dank der feministischen Bewegung hatte ich die Chance, ein Studium zu absolvieren und mir viel Wissen anzueignen. Aber das Problem ist, dass dieses spezielle Wissen anderen verborgen bleibt. Was ich lernte, wurde als neutrale - sogar universelle - Erzählungen präsentiert, obwohl es in Wirklichkeit eine ausschließlich männliche, europäische/androzentrische und heteronormative Perspektive auf die Welt und die Geschichte war.
Frauen (und ihre Arbeit, ihre Erfahrungen, ihre Verdienste...) sind in allen Schulfächern nach wie vor weitgehend unterrepräsentiert (wenn sie nicht sogar völlig fehlen), während "vernünftige" Themen wie Sexismus, Rassismus und Klimakrise totgeschwiegen werden.
Diese Tatsache ist nicht unbedeutend: Wissen ist ein großer Teil der Macht, und die Schule ist ein Ort des Wissens, der nicht alle gleichermaßen fördert. Die Darstellungen und Werte, die sie vermittelt, bestimmen die Rollen und Beziehungen zwischen Frauen und Männern in der Gesellschaft. In diesem Sinne ist Unterricht politisch.
Trotz jahrelanger Studien, Analysen, Forschungen, Expertenmeinungen und zahlreicher Lösungsvorschläge (oft von Frauen) klafft jedoch nach wie vor eine große Lücke zwischen der Politik, die auf die Gleichstellung der Geschlechter im Bildungswesen abzielt, und der konkreten Umsetzung der Pädagogik, die dies ermöglichen soll.
Theoretisch sollte sich der Lehrerberuf in einem ständigen Entwicklungs- und damit Anpassungsprozess befinden, doch in der Praxis sieht die Realität ganz anders aus: Lehrmittel, -materialien und -ausbildungen hinken hinterher.
Die Beseitigung dieser Defizite ist eine große Herausforderung, denn die Beseitigung (oder Nichtbeseitigung) der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist eine Entscheidung für die Zukunft (oder deren Verzicht). Und dies kann nur durch die Demaskulinisierung, Demokratisierung und Diversifizierung des Wissens erreicht werden.
Der theoretische Teil meiner Masterarbeit befasst sich mit verschiedenen bestehenden Kontexten und zeigt auf, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, der Rasse und der Klasse systemisch, systematisch und oft miteinander verwoben ist. Die Stimmen vieler Frauen (Schriftstellerinnen, Philosophinnen, Forscherinnen, Journalistinnen, Künstlerinnen usw.) aus Vergangenheit und Gegenwart beleuchten diesen umfassenden Überblick. Die paradoxe Rolle der Schule, sowohl als potenzieller Akteur des Wandels als auch als Komplize eines patriarchalischen und kapitalistischen Systems, bildet den roten Faden, der zu meinem Praxisprojekt führt.
Auf der Grundlage umfangreicher Fragebögen und individueller Interviews mit Bildungsexpert:innen habe ich ein ehrgeiziges pädagogisches Tool entwickelt. Es besteht aus einer Entwicklungsplattform, die sich zunächst an Lehrer und anschließend an Schüler richtet. Es zielt darauf ab, den Lehrplan neu auszutarieren, indem es den Zugang zu Ressourcen erleichtert, die das gegenwärtig vorherrschende Wissen sowohl in Frage stellen als auch ergänzen. Sie soll auch Lehrer und Experten unabhängig von ihrem Standort durch Räume für Inspiration, Zusammenarbeit und Aktion miteinander verbinden.